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Heftarchiv – Leseproben

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[€ 14,00]  ISBN 978-3-943297-84-3
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Leseprobe aus Heft 4/2025

Braun, Volker


Das Mitglied unserer Akademie der Künste Lothar Trolle ist seiner schweren Erkrankung erlegen. Bis zuletzt war er tätig und gefaßt. Unerträglich, in der Vergangenheitsform von ihm zu sprechen. – Trolle, das war sein ganzer Name, war ein Autor jenseits der Gattungen und der Anpassung überhaupt. Wie die Landschaft, aus der er kam, das Mansfeld, war seine Erscheinung, ruhig, verschlossen, aber sein Wesen wach und zuinnerst aufgekratzt. Als Bühnenarbeiter und Philosophiestudent in der Hauptstadt Berlin inspirierte ihn das egalitäre Milieu, es war, als hätten die umgeworfenen Verhältnisse einer frühen, rohen Volksdemokratie in dem Mann aus der Provinz einen Realismus des Volkstheaters provoziert, der sich in Harlekinaden übt und an der russischen Avantgarde leckt. Seine Texte sind eine ganz eigene Kunstform, die so unprätentiös wie raffiniert ist. »Er konnte aus dem Gang aus dem Haus auf die Straße ein Stück machen und eine ganze Welt von Sprache blättert sich auf, ohne in Akte eingeteilt werden zu müssen. Seine Stücke sind Träume, die mit der Wirklichkeit spielen, ohne sie abzuschreiben«, sagt Annett Gröschner. Er scheute nicht das krudeste Material, den Abraum, die Schlacke, hineinmontiert womöglich klassische Verse, die den Abgrund gegen den Himmel setzen, die deutsche Geschichte gegen den idealischen Geist. So geht Hermes der gleichmütige Gott durch Marzahn.

Trolle hatte einen vollkommen irdischen Sinn. Seine Urteile waren fest und bestimmt: Das ist großartig. Das ist Dreck. Selbstlos gab er seine Entdeckungen preis, Platonows Baugrube, und seine Erwerbungen: Schalck- Golodkowskis schwerer Mantel, noch Tabak in den Taschen. Sein sachtes Kichern habe ich angenommen. Er hatte nie gehofft oder gewollt, Mitglied einer Akademie zu sein. – Trolle, wie schneidet man einen Apfelbaum? – So, daß du den Hut durchwerfen kannst. Oder deine Mütze, Freund.

SINN UND FORM 4/2025, S. 557