
[€ 9.00]
Heft 3/2011 enthält:
Braun, Volker
Die hellen Haufen, S. 293
Meckel, Christoph
Russische Zone, S. 304
Die letzten Tage des Kriegs und die ersten des Nachkriegs glichen einander grau in grau. Für das Wort Frieden war die Zeit zu früh, ich hatte es (...)
Meckel, Christoph
Russische Zone
Die letzten Tage des Kriegs und die ersten des Nachkriegs glichen einander grau in grau. Für das Wort Frieden war die Zeit zu früh, ich hatte es öfter im Krieg als danach gehört. Viel helle, harte Courage schien nötig, ein Weiterleben für menschenmöglich zu halten. Zukunft, das Wort war mager geworden wie die, die es riefen, es war in ihm kein Jubel und keine Gewißheit, es irrte herum ohne Zuständigkeit, alt geworden, kaputt wie alles und jeder, es war eine Last. Die Stadt Erfurt, in der wir am Leben waren – zwei kleine Brüder und ich, das Dienstmädchen Lucie und meine Mutter im Haus ihrer Eltern –, lag in Trümmern und blieb darin liegen, die Ziegelschutt-Straßen, Ruinen, Gerümpelberge blieben ohne Ende sich selbst überlassen. Ohne Anlaß stürzten Mauern zusammen, ein Windstoß genügte. Er schleifte erstickenden Staub in Wirbeln durch die weiten Gegenden Menschenleere, in die sich die Randbezirke verwandelt hatten.
Beißender Gestank von Qualm und Zunder, nassem Ziegelgeröll, verfaulenden Tieren, aus verschütteten Kellern Schwaden von Übelgeruch, Aas und Verfall lebendiger Stoffe – kein Erwachsener, den ich kannte, kam in die Ruinen hinunter –, verschlammtes Moos auf Treppensteinen stank wie die Nässe, die zwischen Mauerresten zusammentropfte, in Tümpeln Morast und gräulicher Schimmer war.
Die Amerikaner – die Amis – waren da, wohnten in Häusern der überlebenden Deutschen, die krochen unter irgendwo und verschwanden, man sah die Aus-quartierten vielleicht nie wieder. Die Amis waren Befreier, sie waren willkommen, Militärs mit lässiger Gangart und freundlichen Köpfen, ihre Fahrzeuge parkten unbewacht in den Straßen, das erschien als Zeichen ihrer Gutartigkeit. Der Ami war beliebt dafür, daß er Kaugummi unter Kindern verteilte, aus Jeeps und Lastwagen vor ihre Füße warf und Ritterkreuze gegen Fressalien tauschte – das waren Cornedbeef-Büchsen und Schokolade, und wenn Glück dazu verhalf, Kaffee und Tabak. Sie spielten Fußball in den schmalen Straßen, drei Tage später befreiten sie Buchenwald. Andere kamen an ihrer Stelle und blieben, sie waren Amerikaner wie die ersten, lachten und kickten Fußball wie die ersten, tauschten Ritterkreuze gegen Fressalien, und für die Kinder war der Chewinggum da. Mit den Amis kam Musik in die freudlosen Tage. Zum ersten Mal hörte ich Tanzmusik, Blues und Cowboy-Songs aus geöffneten Fenstern. Es wurde gepfiffen und mitgesungen, im Koffer mit Antenne herumgetragen, und schallte laut aus offenen Jeeps und verschlossenen grünen Bussen der Armee.
Durch die Wälder im Westen über Erfurt war die Front in die Stadtrand-Siedlungen vorgerückt. Danach war verboten, in die Wälder zu gehen, Blindgänger lagen herum, Munition und Waffen, tote Soldaten und zivile Leute, die in der Angst vor Luftangriffen und obdachlos geworden die Stadt verließen, und sich eingegraben hatten im Steigerwald. Ich weiß heute nicht, wie es mir gelang, allein und unbemerkt in die Wälder zu kommen. Allein, und offenbar ohne Angst und Schauder, lief ich weite Strecken durch zermalmtes Strauchwerk, auf zerwühlten Waldböden kreuz und quer, ließ die Toten liegen, nahm mit, was herumlag – Brotbeutel, Stahlhelme, Brillen und Briefe – und warf sie weg, bevor ich die Wälder verließ. Unverrückbar schwarz und schwer standen ausgebrannte Panzer im Unterholz, ihre Geschütze schienen auf mich gerichtet, und auf meinen Rücken, wenn ich an ihnen vorbei war.
Offenbar ohne Angst und Schauder – das Ende des Krieges war ein Abenteuer, das so elend wie neugierig machte und tödlich sein konnte, egal ob der Menscherwachsen oder ein Kind war – ich war, das glaubte ich, von Gefahr verschont. Von meinen Wegen und Abwegen wußte niemand, mich fragte keiner, wo ichgewesen war, Dreck und Armeleutekleider waren normal, es gab nicht solide Erscheinung und weiße Hemden. Der noch in Häusern lebende Deutsche glich ungefähr denen, die ihn bedrohten – Marodeure, Gesindel, Fluchtgestalten. Polacken war eine Bezeichnung für jeden, der in Baracken existierte, sich draußen in der Nacht zu schaffen machte.
Im amerikanischen Juni nach dem Ende des Weltkriegs wurde ich sanglos-klanglos zehn Jahre alt. Wir überlebten und lebten weiter, aus dem Haus der Großeltern wegquartiert – die Militärbehörde war gnadenlos, das gebrochene Bein der Großmutter war ihr egal –, im vierten Stock eines bombenbeschädigten Wohnblocks am Westrand Erfurts. Unterm Fenster verlief eine Katzenkopf-Straße, von verirrten Granaten der Deutschen zu Steinschutt verhackstückt – Erfurt wurde zuletzt aus dem Zentrum mit fünf oder sechs Geschützen verteidigt. Gegend der Bombentrichter, verwüstete Gärten, öde Feldflächen bis an den Steigerwald. Das waren Kohlfelder – sie erschienen mir endlos –, vor der Ernte von allen Seiten gerecht beklaut, danach von Hungernden in Besitz genommen; Kinderhände, Altweiberfinger rupften wie Viehmäuler schnell und geübt die zurückgelassenen Reste Kohl; noch einmal fand der vorletzte Hunger bescheidene Reste in Staub und Schlamm; packte der letzte Hunger zum letzten Mal, was von Blatt und Strunk kaum noch sichtbar herumlag.
Nach wenigen Wochen waren die Amerikaner zum neuen Weltbild der Deutschen geworden. Die Gewißheit, im Westen am Leben zu sein, beruhigte den Menschen, der übrig war, und belebte seinen Wunsch nach menschenmöglicher Zukunft. An der nahen Kreuzung, von der Veranda aus sichtbar, war ein Checkpoint improvisiert für jeden, der im Untergrund den Krieg überlebte, Verfolgung und Urteil entkommen war. Plakate und Lautsprecher machten die Stelle bekannt. Es kamen irre Gestalten zum Vorschein, die hier niemand gesehn noch vermutet hatte, Knochengeschöpfe in Lumpen, unschlüssig, verhuscht, von entschlossenen Gesichtern hingeführt, Männer und Frauen, allein, ohne Kinder. Ich hatte kein einziges Kind bemerkt und konnte mir denken, daß es Leute gab, die keinen Grund hatten, an den Checkpoint zu gehen. Wäre ich hingegangen? Ich wußte es nicht. Ich hätte mich ohne den Checkpoint befreiter gefühlt.
Es erschien auch ein alter Offizier – aus dem ersten in den zweiten Weltkrieg verschlagen – in zerknitterter Uniform, behängt mit Orden, nachdrücklich hinkend in ausgetretenen Stiefeln. Er salutierte vor den verblüfften GIs, über-gab eine Waffe, wurde abgeführt, in der nächsten Querstraße stand ein geschlossener Jeep. Das geflüsterte Wort der Nachbarn hieß Deserteur, mir wurde versichert, daß ihm nichts passierte. Dem zieht man die Uniform ab und läßt ihn laufen. Woher der Mensch kam, wurde nicht bekannt.
Das erste Spielzeug erschien: der Bollerwagen. Ein Brett auf vier kleinen Rädern – Kugellager –, mit beweglicher Vorderachse und starker Schnur, war ein Fahrzeug, das jeder Junge besaß. Bäuchlings auf dem Brett balancierend, aneinander gedrückt zu zweit oder dritt, mit Sohlen und Spitzen der Kriegsschuhe bremsend, wummerten couragierte Knilche die Trottoire hinunter, nahmen die einzige Kurve mit Bravour und blieben vorm Pfarrhaus im wuchernden Unkraut stehn. Der Krawall der Vehikel war ein Friedensspektakel, ungefähr laut wie die Raupenketten der Panzer, vom Geschrei anfeuernder Kinder hellbegrüßt. In den Lärm des Nachkriegs gehörten die Detonationen, aus Nähe und Ferne ein Fanal der Vernichtung, das konnten Menschen und Tiere gewesen sein, Sabotage, Zufall, ein Tritt auf die Mine; Konvois von schweren Lastwagen und Transportern, die mit Geschützen beladen die Stadt verließen; Jaulen, Dröhnen, Schlackern starker Motoren, das in die Keller der Häuser hinunterdrang; Gelächter und Rufe der Militärs, ihre wildfremde Sprache; metallisches Flappen tieffliegender Helicopter und helle Trompetenstöße an allen Tagen, wenn am Mittag ein Uhr, nach der Essensausgabe, die Feldküche frei war, die Köche verschwanden, Flucht vor dem täglichen deutschen Hunger, der mit Schüsseln und Kannen zu den Kesseln drängte.
An einem Sommertag ohne Wetter und Wärme – ich erinnere kriegsgrauen Dunst, der den Abend vorwegnahm – hörte ich aus Richtung der Arnstädter Straße, 100 Meter von der Veranda entfernt, ein Geräusch, unheimlicher als die Explosion einer Bombe. Was ich hörte, nicht hören wollte, weiter hörte, war Gewimmer vieler Menschen – es waren Menschen –, schluchzender, fassungsloser nach jeder Sekunde, Schreiauf aus Elend, Panik, Entsetzen, daß ich aus der Veranda und aus dem Haus und so schnell ich konnte zur Arnstädter Straße lief. Durch den jagenden Atem, die Klappschläge meiner Sandalen, hörte ich: der Weltraum zersprang in Gesplitter, im zusammenschlagenden Donner von Holz, Stein, Eisen – danach war Stille, die Arnstädter Straße leer. Zögernde Neugier starrte aus Fensterspalten. Einzelne Frauen und ein paar Kinder rannten aus Häusern an der Stelle zusammen, die von herumgeschleudertem Zeug blockiert war, standen da wie ich und erkannten nichts. Ein paar russische Fahrzeuge hielten und kehrten um, wer zu Fuß unterwegs war, sah hin und lief weiter. Ein Unglück war mit sich selbst und dem Ort allein.
An der Mauerecke des Stadions, im Bogen der Straßenkurve, von der Wucht der Beschleunigung rausgeschmissen – die Bremsen versagten, das wußte ichspäter –, hingen quer über Trümmer eines Lasters, der Holzvergaser lag einzeln und qualmte schwach. In den Resten des schweren Fahrzeugs, an der Mauer des Stadions, hingen Menschen, Teile von Menschen und Sachen, Arme, Köpfe, Hosenbeine, die sich bewegten, bewegen wollten, nicht mehr bewegten. Es war die Ladefläche eines Lasters, aus dem Thüringer Wald unterwegs – wohin –, überfüllt mit Menschen, stehend, hockend, liegend – Hamsterfahrer, erschöpfte Landser, Landlose, Hauslose, Fluchtvagabunden – ihre Rucksäcke, Koffer, Kinderwagen – bewußtlose Unbekannte, verwüstete Köpfe – die ersten Toten nach dem Krieg.
Was seit den ersten Tagen des Nachkriegs in Erfurt und von Tag zu Tag die arme Hoffnung verstörte, war ein Hörensagen, das unüberhörbar wurde, sich als Bedrohung und Spuk, dann als Tatsache wiederholte, als Gerücht in allen Stimmen und Tonarten laut war – die Zeit der Amerikaner geht vorbei – das Militär wird aus Thüringen abgezogen – Teile des Landes fallen an die Sowjets – Teile Berlins an die USA – als Folge eines Vertrags der Siegermächte, der gegen Ende des Krieges zustande kam – die deutschen Grenzen werden neu gezogen – das deutsche Gebiet bleibt auf vier Zonen verteilt.
In den Häusern wurden Landkarten aufgeschlagen. Mit Stricknadeln, Bleistiften, Fingerspitzen wurde Erfurt umkreist, nach Osten und Westen geschoben, und zweifelnd, verzweifelt von Westen nach Osten zurück. Die Großmutter verging in ihrem Jammer, der durch die teppichgetrennten Zimmer greinte, meine kleinen Brüder zu Tränen erschreckte, den mürrischen Großvater finster machte. Das Dienstmädchen Lucie saß allein in der Küche, sie wurde nichtgefragt und wußte nichts. Von einer Zukunft schien sie nichts haben zu wollen. Das erbitterte Feilschen um die zukünftigen Grenzen erschien ohne Sinn und gab mir die Überzeugung, daß Erfurt in Zukunft zum russischen Osten gehörte. Ein Kind ist ahnungslos, es kann nichts wissen und soll nach dem Willen der Mutter ahnungslos bleiben, aber ich hatte Ahnungen oft ertragen, sie warenstärker als ich und der gute Glaube der anderen, und waren, wie ich, nicht froh, im Recht zu sein. Wurde ein Unglück befürchtet und abgestritten, wußte ich tausendundeinmal: das Unglück kommt. Es kommt ohne Gruß und verhandelt nicht. Ich allein schien den Stachel zu spüren, bevor er verletzte.
Sechs Wochen nach dem Einzug der Amerikaner war die Große Pause, der flüchtige Frieden vorbei. Ein Jeep kam im Schrittempo durch die Straßengefahren, in ihm zwei Offiziere und der Chauffeur, neben ihm ein Zivilist mit Brille und Hut. Er sprach deutsche Sätze ins Megaphon, die Stimme schlug schleppend laut von den Mauern zurück: Vollständiger Abzug der amerikanischen Truppen – ihrer Hilfskräfte und Fahrzeuge – ihres Begleitpersonals und ihrer Familien. Der Tag, der genannt wurde, stand nach drei Tagen bevor. Die Ankündigung wurde wiederholt, sie wurde ohne Pause wiederholt. Ich hörte sie neunmal, neunzehnmal, dann wurde sie um die Ecke gefahren und verschwand, nicht mehr verständlich, in anderen Straßen.
Die Arnstädter Straße hinauf verschwand ein langer Konvoi, wie mir schien ohne Anfang und ohne Ende. Lärm der Vorüberfahrt in gedrosseltem Tempo, winkende Militärs, Musik in den Bussen – es war möglich, daß ich mich verhörte –, und noch einmal fiel Chewinggum in die Haufen winkender Leute, die an Gartenzäunen, auf Trottoiren gedrängt, gern Freude vorgetäuscht hätten und einige schluchzten. Jedermensch wußte, radikaler als ich, daß die menschenmögliche Zeit zu Ende war. Als die Arnstädter Straße lautlos und leer zurückblieb, verzog ich mich mit ungreifbar grauen Gedanken, vertrödelte Mißmut und schlimme Gefühle und blieb auf den Straßen allein. Mich begleitete Ahnung in verwirrender Vielfalt. Ahnung, das wußte ich später, kommt nicht in der Einzahl vor.
Am Abend des Tages zogen Lucie, meine Mutter und ich mit den Brüdern und Großeltern in unser Haus zurück. Die einquartierten Flüchtlinge kamen wieder – ein Schuster mit Frau und Werkzeug, zwei polnische Witwen –, man sah sich wie früher in der gemeinsamen Küche und brachte Brot und Fett aus den Zimmern mit. Das Haus war in allen Räumen demontiert, Geschirr zerschlagen, das Radio in Teile zerlegt, Scherben, zerschnittene Bücher, verstreute Knöpfe, der Nähtisch lag flach und leer mit gebrochenen Beinen, Bilder und Fensterflügel beiseite geschichtet, kein Ding befand sich am Platz, der ihm früher gehörte. Die Großmutter klagte, die Mutter versuchte zu trösten, das Dienstmädchen schwieg und fing mit dem Aufräumen an. In anderen Häusern fehlten Parkett und Gardinen, die Kohlen in unserem Keller lagen noch da. Die Erde des Gartens zwischen Holzzaun und Hecke war an mehreren Stellen aufgewühlt und achtlos zugeschüttet mit Erde und Kies. Ich fand Geschirr in den Löchern und Cornedbeef-Büchsen, Patronen, Unterwäsche und Zündholzschachteln, das Laub des Birnbaums von Feuer zerstört, geschrumpfte, trockene Blätter im toten Gras. Kein Mensch fand für diesen Zustand eine Erklärung. Die Hälfte der GIs waren Neger gewesen. Die netten Amis blieben rätselhaft.
Auf den Abgang der Amerikaner folgte ein Toter Tag. Ausgangssperre, das Wort galt uneingeschränkt, wer sich draußen zeigte, wurde verhaftet, er konnte ohne Warnung erschossen werden. Der eine Tote Tag war für mich ein Erleben, das ohne Bilder und Lärm die Erinnerung bedrängt.
Ich belauerte den Toten Tag in der Veranda zur Straße hin. Der Vorbau war mit Möbeln vollgestellt, schwarzledernen Sesseln, schweren Ausziehtischen, um für die Einquartierten Platz zu schaffen, vor allem die Witwen beanspruchten immer mehr. Die Straße blieb leer bis in die Dunkelheit, und leer in der Nacht, die ich schlaflos hörte, ihre Verlassenheit schien gereinigt wie nie, als sei sie gewaschen und getrocknet worden. Die amerikanischen Fahrzeuge waren fort, die Katzenkopfsteine lagen an ihrer Stelle, alle Fenster blieben nach Vorschrift geschlossen, hinter Gardinen und Scheiben kein Mensch zu sehn. Es war und blieb der stillste Tag meiner Kindheit. Das Lautlose, hörbar, sichtbar, erschien als Gesetz, das die eigenen Geräusche gefährlich machte. Ein umgestürzter Stuhl im Haus – das konnte gehört worden sein bis ans Ende der Welt – brachte Schuld und Vernichtung über uns.
Am Nachmittag rollte geräuschlos, als ob er schwebe, ein Jeep mit bewaffneten Männern über die Kreuzung, weder Zivilisten noch Amerikaner, in Verkleidungen dunkel eingeschnallt, Macht- und Schreckphantom einer Geisterstunde, einzige Patrouille an diesem Tag. Sie verschwand in der Humboldtstraße, nichts war passiert. Ich hatte – das konnte verboten sein – als einziger das einzige Fahrzeug gesehn, das in der leergeräumten Welt unterwegs war.
Der folgende Morgen war frei für alle. Von der Stille des Toten Tags schien nichts übriggeblieben, der Auftritt marschierender GIs blieb aus, es fehlten Militärfahrzeuge und Jeeps. Das frühere Krankenhaus, die Kaserne der Amis, stand leer mit verödeten Fenstern und offener Einfahrt, ich sah den verwüsteten Park vom Dachfenster aus. Unterwegs auf der Abkürzung zur Gemüsebude – um Lucie abzulösen, die Schlange stand seit dem frühen Morgen mit Frauen und alten Männern – kam ich durch eine Straße, die leer war wie immer, mitbeschädigten Fabriken außer Betrieb, und an diesem Morgen verändert schien. Auf der Straße vor mir stand eine fremde Sache, ich sah hin und wußte: Der Russe ist da! Ein alter Wagen mit Deichsel und einem Pferd, das Tier war struppig, stark und sein Fell verdreckt. Auf den Wagenbrettern, unter zu kurzer Plane, lag ein formloser, graugelber, dicker Klumpen, und ich konnte erkennen, daß es Butter war. Ich blieb stehn und sah mir die dreckige Butter an. Nicht weit von dem Wagen stand auf der Straße ein Mensch, allein, mit nichts beschäftigt, und schien zu warten, und ich war froh: er wartete nicht auf mich. Im Abstand, den die schmale Straße mir freigab, ging ich, als wäre nichts, an ihm und dem Pferd vorbei. Im Vorbeigehn sah ich, daß er Asiate war, ein kleiner Soldat mit Stiefeln und fleckiger Bluse, er sah mich kommen und gehen und nickte mir zu. Ich nickte zurück und machte, daß ich davonkam. An der Gemüsebude sagte ich nichts, und zu Lucie allein: unsere Abkürzung sei gesperrt.
Als ich Kartoffeln im Netz nach Hause schleppte, brach auf der Arnstädter Straße Getöse aus. Das mußte der angekündigte Russe sein. Er schepperte, wummerte, krachte die lange Straße vom Wald herunter, die betäubende Stärke nahm zu, als er näherkam. Ich stellte die Kartoffeln ab vor der Haustür – was auf Treppen herumstand, konnte gestohlen werden – und lief zur Arnstädter Straße in den Tumult.
Vom Steigerwald die breite Straße herunter zog weit auseinandergerückt, in seltsamer Eile, die russische Armee in das Zentrum der Stadt. Kleine hölzerne Wagen mit vier Rädern, von verstaubten Pferden gezogen, beladen mit Hausrat, Koffern, prallvollen Säcken, Matratzen und Bettzeug, wehender Unterwäsche, von asiatischen, russischen Familien besetzt, uralten bärtigen Männern, massigen Weibern – dreckige Vorhut der Russkis, Steppengespenster –, Bezeichnungen, die in den Häusern der Deutschen entstanden. Es sah aus, als würden die Pferdewagen von Panzern und Lastwagen in die Stadt getrieben. Im klappernden, krachenden Durcheinander, das die Breite der Straße in Anspruch nahm, sah ich Offiziere auf Fahrrädern strampeln, die, wie ich wußte, gestohlen waren. Wer sich am Rand dieser Piste aufhielt, konnte umgerissen werden, zerquetscht, überfahren, denn kein Russe nahm einen Deutschen wahr. Der Russe wälzte vorbei im Verlauf vieler Stunden, in drängendem Tempo, betäubt von Erschöpfung und Eile, bis die Straße leerer wurde am Ende und leerblieb. Vereinzelte Fahrzeuge dröhnten spät vorbei, Nachzügler oder Nachhut bis in die Nacht. Im Halbschlaf hörte ich Krach von Rädern und schlief gegen Morgen ein.
Von diesem Tag an lebten wir, schwer atmend, unter der russisch-sowjetischen Nebeldecke, die alles bedeckte und alles durchdrang, was vorhanden war und mit uns geschah. Russische Besatzung und Kommandantur waren Schlagschattenworte, die das deutsche Dasein beherrschten. Die Privatheit war fremdbestimmt, blieb aberkannt, von der Willkür dauernder Razzia in Frage gestellt. Tod und Gefangenschaft hatten die Männer verschlungen, Hunger und Kälte, das Hausen in Unterquartierung, hielten Traum und Lebensgefühl in der Defensive, es gab keine Hintertür in die Zukunft hinaus. Sechs Jahre später las ich in einer Ballade: Es galt, die neue Ordnung einzuführen / und Durst und Steppe in ein Land des Weins.
Möglich, daß es den Kindern besser ging als ihren Eltern und ihrer erwachsenen Verwandtschaft. Ich beobachtete alles, ahnte viel und hatte vorm eigenen Erleben keine Angst. Die Neugier war stärker. Der Russe stellte etwas Wildes dar, sein Lachen und Brüllen, Rempeln und Saufen waren nicht zu begreifen, aber ich glaubte ihm. Russe, der Russe war Gottes Barbar.
Im Nachkrieg hatte ich hart und von Grund auf verstanden, daß Deutscher zusein kein Triumph, vielleicht keine Chance war. Es machte mir keine Sorgen, das war was für später. Die Gegenwart war ein schlechter Traum für viele, und für mich der lebendige Teil eines Schattenspiels mit den Toten. Von den Verbrechen der Deutschen erfuhr ich nichts. Ich hatte die Toten in den Trümmern gesehn, zerquetscht, verkohlt, halbiert, in Zuständen Fäulnis und Blut. Der gequälte Mensch war, was mich schlaflos machte.
Mein Erinnern bleibt schattenlos hell, es verwehrt mir nichts, verklärt und verschleiert nichts von Krieg und Nachkrieg, Entsetzen und Tod. Es ist der Versuch einer Spiegelung dessen, was das zehn Jahr alte Kind im Tagtraumerfuhr; was mir gehören mußte, weil ich es sah; was unabweisbar wirklich wurde, weil das Gedächtnis es festhielt und nicht wieder preisgab.
Die erste russische Willkür, die ich erfuhr, drang in unser Überleben als Razzia ein. In den Wiederholungen war kein System zu erkennen, Razzia erschien und verschwand, wie der Russe es wollte. Vor allem in der ersten Besatzungszeit war Razzia ein Rüpelspiel russischer Marodeure, bewaffnete Mannschaften rudelten durch die Straßen, in Nähe und Ferne schlugen Schüsse ein. Auf unsere Türklingel drückte ein russischer Daumen, er hatte Kraft und Zeit nach eigenem Ermessen, es gefiel ihm, die Klingel scheppern und schrillen zu lassen. Mit hartem Schwung flogen Fäuste auf Tür und Klinke, das Türholzkrachte, hielt aber stand. Meinem Großvater stand es zu, an die Tür zu gehen, den Schlüssel zu drehn, die Klinke zu bewegen. Die Türe schlug nach innen auf, flog gegen den schweren, schwachen Mann, an Schädel, Schulter, Ellenbogen, ich sah ihn schwanken, er taumelte gegen die Wand. Ob sich sechs oder sechzehn Russen über die Schwelle drängten, sie hingen zusammengedrückt im Türrahmen fest, brachen in einzelne Körper auseinander, stolperten, ließen Gewehre fallen, kippten dicht an dicht in den dunklen Flur. Der Großvater stand wie bestraft zwischen Wand und Tür. Waren Offiziere dabei, passierte der Tritt in das Haus ohne Krach und Fluch. Was folgte, war in allen Fällen verschieden. Es kam der Befehl mit Stimmkraft und starken Gesten: Alle Bewohner hierher und ab in den Keller! Man kam überstürzt am Fuß der Treppe zusammen, wurde gezählt, herumgeschoben und in der Küche zusammengedrängt. Passierte das in der Nacht, am frühen Morgen, kam eins nach dem andern im Negligé dieser Notzeit: barfuß in Stiefeln, das Haar in die Mütze gestopft, mit Decke und Handtuch behängt, in mehreren Mänteln, Gänsemarsch verstörter Gestalten auf der eng gewinkelten Treppe zum Keller hinunter – Lucie, die Kinder, die Großeltern und die Mutter, die von zuviel Kleidung verdickten polnischen Witwen, und der stille Schuster mit seiner erschrockenen Frau. Man verteilte sich auf Liegestühle und Kisten, die von den Bombenangriffen geblieben waren, und fing mal wieder mit Fürchten und Hoffen an, begann zu warten auf irgendwen – oder was: Kommandos, Anschnauzer, Fragen der Offiziere und den schweren, erschöpfenden Aufstieg in das veränderte Haus: Wäschekorb und Schränke standen offen, in den Schrankfächern fehlten Silberbesteck und Spielzeug, die Skatkarten waren weg, drei Zentner Kleidung verschwunden – vor allem die Kleiderbügel und Hüte fehlten –, Haustür und Fenster zugeschlagen, man schrak von dem Knall im Keller zusammen. Das Haus war in allen Räumen durchsäuert vom russischen Dunst – Gestank verdreckter Uniformen, Machorka, Wodka, Schweiß und ein fremder Übelgeruch, der mich an nichts, was ich kannte, erinnern wollte. Einmal kam vor, daß ein Hauch Parfüm zurückblieb – süßer Zauber für die entwöhnte Nase –, Merkmalgeruch eines Offiziers, der als Schönster lang in Gesprächen der Nachbarschaft lebte. Jede Razzia suchte versteckten Schmuck und konnte nichts finden. Der Wildwein wurde von den Mauern gerissen, zum Vorschein kam ein Vogelnest oder nichts. Das runtergesäbelte Blattwerk füllte Küchenbalkon und Sandkasten ohne Sand, die Gartenwege verschwanden im Laub. Als Laub und Holzgetrocknet waren, am Ende des russischen Sommers, vernichtete mein Feuer die Reste des Wildweins.
Die zweite Razzia war lebensgefährlich. Drei Offiziere, gefolgt von Soldaten, marschierten geordnet von Haus zu Haus, ich stand am Verandafenster und sah sie kommen. Sie bewegten sich mit beklemmender Ruhe, unbewegte Gesichter, Erscheinung des Unheils. Ihre Art, in die Häuser zu gehen und sie zu verlassen, demonstrierte ein Recht, das keinem Plünderer zustand. Ein Soldat und drei Offiziere betraten das Haus, wir wurden in deutscher Sprache korrekt begrüßt, der Name meines Großvaters hing im Raum. Man nahm Platz in Sesseln, auf Stühlen und Chaiselongue, ich wurde zu Lucie in die Küche geschickt, meine Brüder saßen dort schon am Tisch. Ich sah, bevor ich den Raum verließ, es wurden Papiere aufgeschlagen, in Händen gehalten, gelesen und weggelegt. Die Soldaten standen vorm Haus und verteilt im Garten. Aus dem Zimmer des Schusters kam kein Laut. Nach den polnischen Witwen wurde nicht gefragt.
Viel Zeit schien vergangen – ich wußte nicht, wie sie verging –, als die Türe des Zimmers endlich geöffnet war. Die Großmutter ging voraus mit weißem Gesicht, der Großvater wehrte sich, den Raum zu verlassen, meine Mutter schien halb erfroren, sie war erschöpft. Die Offiziere betraten den Flur zuletzt. Der Großvater wehrte sich hilflos mit schwingenden Armen, versuchte sich umzudrehn, drängte zurück in den Raum. Ungeheures Gebrüll brach aus dem zitternden Mund. Er packte die Tasche eines Offiziers, warf sie zu Boden, stand im Flur und röhrte. Das Röhren des Mannes, der fast sprachlos lebte, nie die Stimme hob, in mürrisches Schweigen versunken, schütterte durch das Haus, Gewalt aus Wut und Verzweiflung. Die Großmutter faßte den Arm eines Offiziers, es war eine Bitte und sie schwieg, meine Mutter erschien, ihre Stimme klang laut und fremd, was sie rief oder schrie, wurde nicht gehört. Die Offiziere hielten Contenance, der begleitende Soldat stand unbeteiligt, kein Soldat von draußen erschien im Haus. Die Großmutter, die ihren Mann nichtliebte, erreichte, daß er zu Hause blieb. Die Offiziere verschwanden schnell, der kleine Bruder in der Küche heulte.
Wenn Razzia vorbei war, stand und saß man herum. Der Zustand des einzelnen und aller zusammen war furchtbar. In die Glieder gefahren hieß ein Satz, der Stachel steckte im Menschen fest, war kein einzelner Stachel mehr und ließ sich nicht rausziehn. Lucie saß erschlafft am Küchentisch, wie konnte man wissen, sie war eine junge Frau. Es brauchte den Tag und die Nacht, um zur Ruhe zu kommen, aber zur Ruhe kam keiner allein. Es wurde zu viel und durcheinander gesprochen, erschöpft geschwiegen, mit Tränen gekämpft. Es mußte geredet werden, auch ich wollte sprechen, das war die Erlösung – einzige Erlösung, die uns gehörte und die ich, gebeutelt und fieberhaft froh, mit den anderen teilte.
In der ersten Zeit, als Razzia gefährlich war, ohne Unterschied alle und jeden ins Unrecht setzte, ging in Erfurt eine Geschichte um, sie blieb im Haus der Großeltern unbekannt.
Gesprochen wurde von einem Haus in der Nähe Erfurts. Dort wurde ein Russe gefunden, lange tot, er schien eingeschlossen worden, verdurstet, verhungert, ein gewöhnlicher Soldat wie Millionen Russen. Allein krepiert, das schien von Bedeutung zu sein. Man wußte: ein russisches Leben war wenig wert. Die Läden und Fenster waren von außen vernagelt, die Türen verschlossen, die Kellerfenster vergittert, wer in dem Haus war, kam nicht mehr zum Vorschein. Es wurde keine Waffe im Haus gefunden. Der Russe tobte, wummerte gegen die Wände, stand hinter zerschlagenen Scheiben und schrie in die Gegend, und kein Mensch war da, der ihn sah oder hörte und hinkam. Es hieß: Eine Zeit verging, bis es still war im Haus. Das wurde berichtet, es schien nichterfunden zu sein.
Der Leiterwagen war unser Familienfahrzeug. An Rollschuhe, Schlittschuhe konnte sich niemand erinnern, und Fahrrad war ein Vehikel der Vorkriegszeit. Der Bollerwagen war eine neue Erfindung, die die Mittagsruhe der Großmutter störte und lärmende Freude der Kinder war. Altmodische Undinge hingen und standen im Haus – ein Hirschgeweih über dem Großvatersessel, ein Behälter voll stinkender Pfeifenköpfe, und im Flur Spazierstock des Alten in klassischer Machart, der massiv und humorlos seinen Ausgang bestärkte.
Nichts wäre aus uns ohne Leiterwagen geworden. Er brachte die Sachen ins Haus, von denen wir lebten: das gestohlene Holz aus Steigerwald, Stadtpark, Stadion; Zellstoff in schweren Rollen, bettwärmend im Winter; Ritterkreuze der Nazizeit in Bündeln, beschafft von mir für den Tausch gegen Fett, Mehl, Zucker. Die Hälfte des Zuckers war Sägespäne, aus dem grauen Mehl wurden Würmer und Steine gesiebt.
Wer den Leiterwagen brauchte, verschwand mit ihm, oder lieh ihn vom Großvater aus, er gab ihn ungern frei. Er war der Werkzeugmeister des Hauses, seine Werkstatt befand sich im Keller hinter den Kohlen. Dort häufte sich, was von Diebstahl und Razzia zurückblieb – Nägel, Zange, Schraubenzieher, zusammengerollte Seile der Schaukel, die während des Sommers im Birnbaum hing. Es stapelten sich Teller und Puddingschüsseln, verbrauchte Vorhangschlösser und alte Bleche. Der kleine Fuchsschwanz hing dort, die Wespenflasche, und der Laubrechen mit der tanzenden, kratzenden Kralle. Aber die Axt lag nicht mehr dort, und ich allein wußte, wo sie war: im Roßhaarpolster des Ledersessels, der beiseite geräumt im Zimmer der Großeltern stand.
In der Nähe des Bahnhofs hatte ich Holz entdeckt, von dem kein andrer zu wissen schien: im Gehölz auf dem alten Wall, ein Weg führte hin. Mein Compagnon, zehn Jahre alt wie ich, war bereit, mit mir das Holz nach Hause zu holen. Dazu brauchten wir Leiterwagen, Fuchsschwanz und Axt. Ich kam damit an den Wall, er erwartete mich. Wir zogen den Wagen gemeinsam in das Gehölz, Axt und Fuchsschwanz von Sackstoff bedeckt.
Es dauerte lange, bis Äste, Zweige und Stümpfe – die mächtig erschienen, solang ich von ihnen träumte –, vom Baumstumpf gesägt und gehauen, im Wagenlagen, über der Axt und dem Fuchsschwanz von Sackstoff bedeckt. Kein Mensch schien etwas gehört und gesehn zu haben, die Dämmerung gab uns unheimlichen Schutz. Der Weg aus der Stadt die Arnstädter Straße hinauf, mit dem Leiterwagen, mit Fuchsschwanz, Holz und Axt, immer weiter die Straße entlang im Dunkeln – wir blieben stehn, die Angst kam nachgekrochen, kroch in mich hinein und lachte und lachte. Sie lachte laut wie der Fuchsschwanzmit seinen Zähnen, wie die Axt ins Holz schlug und widerhallte. Ich prüfte schnell den Inhalt des Leiterwagens, das Holz, den Fuchsschwanz, den Sackstoff – wo war die Axt. Noch mal mit heißen, mit kalten, krallenden Fingern – die Axt war weg.
Der andere Holzdieb blieb mit dem Wagen allein an der Arnstädter Straße im Dunkeln. Ich rannte zurück zum Wall, auf den Wall hinauf, stolperte überbrüchige Zweige, wühlte mit allen zehn Fingern im Buschwerk, im Dunkeln, die Axt war weg.
Der andere Holzdieb mit dem Leiterwagen stand allein an der Arnstädter Straße, als ich zurückkam. Angst stärker als Entsetzen, stärker als Angst. Verschwitzt. Zerschmettert. Ich sagte zu ihm. Ich bat: sag, daß du die Axt verloren hast. Er sagte nichts, und ich wußte: ich hatte die Axt verloren. Ich war es, der dem Großvater und allen andern, und den polnischen Witwen, dem Schuster zu sagen hatte: daß ich die Axt aus dem Sessel geholt, ich allein die Axt verloren hatte.
Alles wie immer: Knurrende, lange Wut des alten Mannes, Jammer der Großmutter, bitterer Vorwurf der Mutter, meine kleinen ratlosen Brüder und Lucie, schweigend, die die Schuld mit mir zu teilen schien.
Am Abend des ersten Sankt-Martins-Tags nach dem Krieg fand auf dem Domplatz ein Fest für die Kinder statt. Ich wußte nicht, und kein Kind schien zuwissen, was passieren würde und was uns allen bevorstand. Festbeginn nach Dunkelwerden – Fest war ein Wort, das den Deutschen nicht mehr gehörte. Etwas Unerhörtes stand bevor, denn Jedermensch war eingeladen – die Erwachsenen und alle Kinder –, sich mit Windlicht und Kerze, Laterne, Lampion auf der riesenhaften Steintreppe zu versammeln, die zum Dom und zur Kirche Sankt Severin aufstieg. Ich zerschnitt – wir zerschnitten, meine Brüder und ich – mit alter Schere Papiere und Pappen, bekrakelten sie mit Stiften, in Groß-elternkoffern gefunden, und klebten mit Leimersatz aus Wasser und Mehl eingedrungenes, krummes Gehäuse zusammen, mit Fenster aus Buntpapier, offenem Dach und festem Boden aus Sperrholz, auf dem, im Schuh aus erkaltetem Wachs, eine Kerze stand, die in Goldfarben brannte. Das Gehäuse baumelte an gebogenem Draht, der befestigt mit Pflaster und Schnur an einer Holzstangeschwang. Wir trugen – die Brüder und ich in Begleitung Lucies – die Laterne zur Probe durchs Treppenhaus und hinaus in den Garten, um vom Herbstwind zu erfahren, was mit ihm und dem Licht geschah – Funkenspucker, Feuerspeier. Es kam darauf an, mit leichten, geübten Schritten das Flämmchen über der Kerze ruhigzuhalten. Was war unser wanderndes Licht im grauen Mittag im Vergleich zu dem Flammenschein in der Frühwinternacht.
Der Tag war trocken, windstill, kalt. Meine Brüder zappelten durch das Haus, mich hatte die Hoffnung ungeduldig gemacht. Ich drängte zu früh, immer eiliger aus dem Haus, um den besten Platz auf der Treppe für uns zu erobern, ganz oben, von wo aus man alles sieht. Meine Mutter und Lucie begleiteten uns. Der lange Hinweg zu Fuß in Zwielicht Dämmerung Dunkel ging an Schwarzfensterhäusern, zerbombten Gärten vorbei. Immer mehr Leute, die Kerzen und Lichtkästen trugen, kamen aus dunklen Straßen und Winkeln zusammen. Kann sein, daß das kleine Licht beschämt das hellere wahrnahm, der funkelnde Feuerkasten gelassen vorbeizog an einem, der ohne Kerze im Lichtschein der anderen ging. Stärker waren Erwartung und Feuereifer im gemeinsamen Drängen auf das Fest. Ich war zum erstenmal Teil einer Menge Menschen, die nicht Zähnezeigen, Faust und Getrampel, sondern Durcheinander ohne Feindlichkeit war.
Auf dem weiten Platz unterm Dom war noch Raum genug, um gefahrlos drängend auf die Treppe zu kommen und hochzuklettern in die Nähe des Chors, der weit über mir im Dunkeln befestigt schien. An den Mauern flammte Widerschein ungezählter Kerzen. Wir verteidigten unseren Familienplatz auf der hohen Stufe und hörten, daß Sitzen und Platz haben hier nicht vorgesehen sei. Der Stein war kalt, wir mußten stehn. Wer sich setzte, nahm zwei Stufen für sich in Anspruch, der Zweistufenplatz nahm einen Stehplatz weg, doch suchte kein Mensch einen Vorteil auf Kosten der anderen.
Der Platz unterm Domberg und seine Treppen waren unüberschaubar dicht mit Kindern besetzt. Immer mehr Lichter sprangen an, richteten sich in die Höhe und flammten hell, jede Kerze war einzig. Es war auf den Stufen immer kälter geworden. Die Kälte prickelte an den Beinen, doch waren Körper und Kleider nah zusammengerückt, daß die Kälte nicht durchkam. Sie verschwand in Mänteln, Röcken, Hosen und blieb auf Schenkeln und Knien ein flüchtiger Frost. Wir hatten an, was zum Anziehn für uns da war, nicht genug für den Stehplatz auf Stein im beginnenden Winter. Die Schuhe waren verbraucht, die Sohlen zertreten, die Wollsocken dünn. Einen, der Schuhe verschenkte, kannten wir nicht.
Das Summen und Schallen der Stimmen und ihr Lachen fiel in Augenblicken zusammen, es wurde still, alle Lichter brannten. Eine einzelne Stimme begann zu sprechen, ich sah nicht, woher sie kam und wem sie gehörte, verstand das Gesagte nicht, es ging verloren, aber der Verlust enttäuschte mich nicht. Nie wieder vermißte ich Rede und Reden, die mir im öffentlichen Raum entgingen. Was fehlte, war das Fest, es mußte kommen.
Stille, die erfaßte und festhielt, was da war – viele Kinder und Leute, unfaßbar viel Licht. In diese Stille – sie hielt eine Weile an – fiel der erste, metallene Klang der kleinsten Glocke. Das Domgeläut begann. Die zweite Glocke setzte ein, ihr Schall war langsamer, schwerer als das helle Schallspiel der ersten. Die dritte Glocke brachte das erste Dröhnen, die vierte den Donner, die nächste bebte hart in den Steinen der Treppe. Nach den Einschlägen immer schwererer Glocken schien der Dom mit dem Fels und der Treppe davongeflogen, im Getöse standen die Lichter der Kerzen still. Ich hatte das Domgeläut von ferngehört, im Steigerwald oben verlor sich sein Widerhallen, hier war ich im Geläut wie in einem Gewitter, das Glockengewitter schlug zu und machte ein Ende mit mir. Von meinen zehn Jahren, von der Zeit aller anderen, schien nicht der stillste Notschrei übriggeblieben – es wurde im Nachkrieg mehr als im Krieg geweint. Es gab Kinder, die fingen zu weinen an. Andere blickten in das Licht ihrer Kerzen, hielten erwachsene Hände fest, standen in ihren kalten Schuhen, und ich glaubte zu wissen: sie froren nicht.
In der ältesten, schwersten Glocke des Doms befand sich seit Hunderten Jahren ein Riß, das wußte ich, seit wir in Erfurt wohnten, und hatte die Glocke nie gehört. Ihr Läuten war für die Zukunft eingeschränkt, sie wurde geschwungen an wenigen Tagen im Jahr, ich hörte sie am Abend des Martinstages, das grabtiefe, schwerste Gewummer an diesem Geläut, aus dem ihr Himmel- und Höllschlag als erster verschwand. Die Glocken setzten aus, wie sie eingesetzt hatten, das Geläut wurde leichter, geringer, immer mehr hell, bis der Schlag der kleinsten Glocke allein in der Nachtluft verhallte.
Hunderte Kerzen waren heruntergebrannt, in Laternen und Fäusten der Kinderneu angesteckt, vielfarbenes Wachs war heruntergetropft und hing kalt an den Mänteln. Vor der Domwand fing einer zu singen an, von den Treppen unter uns kam dasselbe Singen. Immer mehr helle und dunkle Stimmen, Kinder- und Frauenkehlen, Altmännerbässe fielen von überall aus der Lichtflut ein. Lieder, die jeder zu kennen schien, anschwellende, abklingende, schöne Stimmen –was mir schön erschien, konnte Heulen und Schrillen sein. Von soviel Herrlichkeit hatte ich nichts gewußt, aus einem Stück & Glück, auf einem lichten Haufen. Ich vergaß nie, daß ich mit Tränen dastand, und daß es mir gut ging mit den Tränen. Wenn ich mit Tränen in Krieg und Nachkrieg dastand, dann lieber wehrlos allein als unter Leuten, die gewöhnliche kalte Augen besaßen. Ein Klumpen Seele aus Eis war nicht in mir. Ohne Heulen und Wüten in mir war mein Atem nicht gut.
Wie man zusammenkam, ging man weg, mit leeren Laternen, wenige Kerzen brannten, verschwanden um eine Ecke, loschen aus. Die Luft war schwarz vom Rauch verlöschender Kerzen. Man sah sich nicht nach den anderen um. Wir gingen betäubt zurück in das Großelternhaus, der kleine Bruder wurde von Lucie getragen. Die Nacht nach dem Fest war meine längste Nacht, der Schlaf nach dem Fest mein tiefster Schlaf. Sechs Jahre später schrieb ich die ersten Gedichte.
Russische Nacht voller Umtriebe und Geräusche, geisternde Unruhe draußen in Nähe und Ferne, die ich mir nicht als harmlos ausreden konnte. Etwas ging vor, das Dunkelheit brauchte, um geschehen zu können. Morgens sah ich mich um in der Umgebung des Hauses, fand aber nichts, was aus der Nacht noch da war. Straßenbeleuchtung gab es nicht.
Sperrstunden, Ausgehverbote in der Nacht, willkürlich anberaumt, vorzeitig beendet. Überraschender Ausmarsch von Militär, das Verlassen der Kaserne gegen Morgen drei Uhr. Sperrposten mit Maschinengewehren an Kreuzungen und in Straßenzügen, durch die sich der Marsch ohne Licht und Stimmen bewegte. Sobald die Miliz vorbei war, verschwanden die Posten, kann sein sieschlossen sich den Marschierenden an. Von der eigenen Schlaflosigkeit bemerkte ich nichts, ich hatte schlaflose Nacht im Krieg gelernt. Wenn ich vielfaches Stampfen und Gleichschritt hörte, war ich beruhigt und schlief wieder ein – die großen Haufen Sowjets kamen nicht in die Häuser, das uniformierte Marschieren bedrohte uns nicht. Das zog zu Manövern hinter den Steigerwald, kam drei Nächte später zurück ohne Stimmen und Licht. Angst machte der einzelne Mensch im Dunkeln, der Russe allein mit einem Stock, drei geräuschlos Gehende, Hände in den Taschen, drei gelangweilte Typen vor einem Haus, auf einer Straßenkreuzung, vor einer Garage, Pfotenklatschen rennender Hunde, Aufschrei von Vögeln. Ich wußte, es strichen Marodeure herum, Diebe mit Dietrichen, Knüppeln, Säcken, sie huschten und rannten durch die Gärten, kletterten über Zäune und blieben unsichtbar im Zwielicht. Eine Zeitlang überlegten wir, ob der Schuster im Haus Komplize von Gaunern sei, die Kellertür heimlich aufschließen könne, aber der Zweifel ging an uns allen vorbei. Zwischen der Nacht und mir waren Mauern und Türen, doch gab die Gewißheit mir keine Ruhe, wenn Gefühl von Ohnmacht-Unmacht und Unheil mich wachhielt.
Der Schuster und seine Frau waren glücklose Leute, schleichäugig, ungesprächig, knurrende Hälse, auf ihren Fluchtwegen nirgends willkommen, von kalter Bitternis weiter getrieben. Zwei Kästen voll Werkzeug, auf dem Rückengetragen, vier Taschen voll Kleidung und Brot, das war ihr Gepäck, so wurden sie am Wintertag einquartiert. Sie standen nachts hinterm Vorhang am Fenster, als wir Kohlen im Leiterwagen zur Kellertür brachten. Ich zog ihn, der Großvater ging hinterher. Ein Heizer der Russenkaserne war unser Geschäftsfreund, er kassierte den Smoking des gefallenen Onkels. Der Schuster belauerte uns am dunklen Fenster, und ich ahnte, daß er die Hälfte der Kohlen verlangte. Die Bemerkung der Frau, uns anzuzeigen, am nächsten Morgen durch den Türspalt geflüstert, warf den Großvater um und ins Bett, er blieb lange liegen.
Schlechter Schlaf in allen Zimmern des Hauses. Der Großvater hustete, schlappte laut auf den Treppen. Mein kleiner Bruder schlafwandelte mit dem Nachttopf. In allen Seelen rumorten Jedermanns Ängste – Todesangst Krieg und Lebensangst Nachkrieg. Die Großmutter schleppte Unschuld und Leidgemurmel durch das kalte Haus in die Ankleidekammer, wo alte Garderoben wie Fahnen hingen, sommerleicht, überlebt, nicht mehr zuständig für den Tag, kein Wahrzeichen für die Frauen und keins für sie selbst.
Aus der Nacht, von nah und weit draußen, bei jedem Wetter, drangen Schreie ins Haus, die jeder hörte, der wach war, die keiner beantworten konnte und keiner vergaß – Vorrat der Schrecken unten im Labyrinth, die der Minotaurus im Finstern bewachte – Rufe, Hilferufe, Gewimmer von Frauen und Männern, einzelne Frauen, wie vielen Männern, und ich wußte nicht – und ich wußte –, was dort passierte. Widerhall aus hundert Höllen Nacht, die kein Freund, kein Feind mir erklären wollte. Morgens lag ein Toter im Rinnstein, gestorben im Schlaf, verhungert, erschossen; lagen verreckte Leiber am Rinnstein und lebten, lebten ungefähr weiter, vielleicht nicht mehr lange, Köpfe zwischen Steinen, Kleider im Schlamm, Beine in Schuhen unter Haufen Schutt.
Es kam eine Russenzeit, da verschwanden Menschen, immer mehr einzelne Leute und kamen nicht wieder. Sie wurden bei Nacht aus ihren Betten, am Tag in Mänteln aus den Häusern geholt, von Razzia geschnappt und abgeführt, in Fahrzeuge reingeschoben und fort damit, dann wußte man nichts mehr. Im Hörensagen, das alles und nichts erfaßte und in der Russenzeit ein Grundgeräusch war, in allen Stimmen und Hirnen ein Widerhall, Hydra mit schleifenden Köpfen und tropfenden Zungen – Bilder, die ich in alten Zeitschriften fand –, war die Rede von Arbeitskräften für die Sowjets, Männer, die ohne Adresse für immer verschwanden, im sowjetischen Hinterland, in Gebirgen und Sümpfen, wo Fabriken, Camps, Versuchsanstalten in Schlechtwetter und Eis ohne Aussicht auf Leben versanken, und kein Mensch je wieder ins Licht einer Zukunft hinaufkam. Ich hatte keinen der Abtransportierten gesehn, ihre Namen wurden nie genannt. Im schwirrenden Gerede, in trüben Legenden, verwackelte die Welt bis vors Großelternhaus, brach östlich von Erfurt auseinander in Sibirien und Meerwasser ohne Anfang und Ende, die an der Chinesischen Mauer als Schuttmasse angeschwemmt wurden.
Nach dem Verschwinden der Männer – von Frauen war nicht die Rede – kam eine Russenzeit, da verschwanden Kinder, immer mehr Kinder – wohin – und kamen nicht wieder. Ich hatte keins der verschwundenen Kinder gesehn, ihre Namen wurden nicht buchstabiert. In den Umgebungen, die ich kannte und wahrnahm, und in der Himmelspforte fehlte kein Kind, in den Straßen um die Veranda des Großelternhauses war jeder Mensch in seinem Loch am Leben, bloß die Männer, die Väter fehlten noch. Sie fehlten seit Menschengedenken und sieben Jahren, und die Kinder wußten nicht, wer und was ihnen fehlte.
Seitdem gesagt worden war, daß Kinder verschwanden, lief kein Kind mehr allein in die Gegend fort. Sie liefen in stolpernden, trödelnden Scharen über die Kohlfelder, auf den Wegen zur Schule, begleitet von Dienstmädchen aller Art und Herkunft, Mütter und Frauen verkleidet und alt gemauschelt, alten Männern und Onkeln ohne Gewähr. Ich ging morgens immer mit anderen zur Himmelspforte, und mit ganz anderen zurück in die Straße, wo das Haus der Großeltern mir Gewißheit gab. Sie war trostlos wie die Großeltern trostlos waren, grau wie der einzige alte Kürbis im Garten, ohne Hoffnung wie Himmel im Winter und morsches Holz.
In die russisch-sowjetische Nacht gehörte ein Offizier, der mit seiner Frau ein beschlagnahmtes Haus bewohnte, nicht weit von den Kohlfeldflächen am Steigerwald, in Spazierweg-Nachbarschaft des Großelternhauses. Er war ein eleganter, schöner Riese, Bilderbuch-Soldat und Vorzeige-Russe – schwarze Locken, fleckenlose Stiefel, Prachtuniform mit Bügelfalten und Orden. Er verfügte über ein singendes, weiches Deutsch und die Höflichkeit eines Chevalier im Märchen, war Wodka- und Weintrinker ohne Hemmung, der sich in jeder Nacht betrank und besinnungslos randalierend am Morgen verschwand. Ich hörte: der Mann verstand was von Kunst und Frauen, und außerdem, er war Jude aus Kiew. Mit ihm tranken Offiziere und Zivilisten, die am Abend mitwechselnden Frauen kamen. Wer nachts ein Fenster zum Wald hin offenließ, hörte Gelächter, Gesang und klirrendes, splitterndes Glas.
Die Frau des Offiziers erschien zierlich, biegsam, sehr jung, hatte fließendes, weißblondes Haar und war ein Wunder für mich. Konnte sie überhaupt eine Russin sein. Wenn sie ohne den Offizier ging, schien sie zu fliegen, ihre Schritte folgten einander flüchtig und flink, die hellen Schuhe wirbelten unter dem Mantel, die weißen Handschuhe huschten vor ihr durch die Luft. Sielächelte hin an alles, was da war, sie lächelte mich an, weil ich ging, wo sieduftend vorbeiflog. Das in Trübsinn gepackte Großelternhaus verlor seine lähmende Aura, weil der Offizier mit seiner Königin da war. Ich hatte von früh an nur deutsches Dasein erfahren und war geblendet von Leichtsinn und Glanz. Da nie von Juden gesprochen wurde, war es leicht für mich, sie für Riesen zuhalten, die schön gekleidet mit herrlichen Frauen spielten.
Wenn nachts der Offizier alleine trank, sich betrunken allein im Haus verirrte, lief seine Frau aus der Hintertür und verschwand in den Straßen. Immer mal wieder wurde erzählt, die Frau sei barfuß über das Kohlfeld geirrt und einer Patrouille nackt in die Arme gelaufen. Der Offizier war hinter ihr her, schrie und weinte und heulte nach ihr, fand sie im Dunkeln oder sie ließ sich fangen, er klappte sie zusammen, als sei sie ein Parkstuhl, trug sie auf beiden Armen ins Haus zurück, ihre Haare hingen am Bauch des Riesen herunter. So sah ich sie hängen ein einziges Mal, als der Riese sie an der Veranda vorbei trug, ihr Haar hing hell an seiner Schulter herunter. Ich wußte nicht, was hier passierte, und glaubte doch zu wissen – gesehn zu haben –, daß nicht Angst allein das Paar auseinanderriß, in derselben Nacht zusammentrieb. Ich wollte glauben, daß es ein Spiel und schön war.
An einem Morgen im Winter waren beide verschwunden. Das Haus stand verschlossen leer, das zeigten die Fenster. Sie haben es, wurde gesagt, zu weit getrieben. Ich war verwirrt, dann erstaunt und froh, daß der Offizier zu uns in das Haus kam, allein und nüchtern mit meiner Großmutter sprach. Die Großmutter konnte nur Deutsch, sie sprachen Deutsch. Wovon sie sprachen, blieb für mich im Dunkeln. Warum der Offizier kam, erfuhr ich nicht.
SINN UND FORM 3/2011, S. 304-321
Welle, Florian
Nachrichten aus der Nachkriegsprovinz. Günter Eich, Jürgen Eggebrecht, Horst Lange, S. 322
Jürgen Eggebrecht und Günter Eich kannten sich und kannten sich doch nicht: 1927, in der von Klaus Mann und Willi R. Fehse verantworteten (...)
Welle, Florian
NACHRICHTEN AUS DER NACHKRIEGSPROVINZ
Günter Eich, Jürgen Eggebrecht und Horst Lange
Jürgen Eggebrecht und Günter Eich kannten sich und kannten sich doch nicht: 1927, in der von Klaus Mann und Willi R. Fehse verantworteten »Anthologie jüngster Lyrik« präsentierten sich beide zum ersten Mal der literarischen Öffentlichkeit, Günter Eich noch unter dem Pseudonym Erich Günter. In seinem Nachwort schreibt Klaus Mann, daß die Autoren eine Generation seien, »und sei es, daß uns nur unsere Verwirrtheit vereine«. Der Zusatz ist notwendig, denn ein Autor wie Jürgen Eggebrecht gehört genau besehen nicht zur sogenannten verlorenen Generation wie das Gros der Versammelten, etwa Wolfgang Hellmert, Erika Mitterer und die beiden Herausgeber Fehse und Mann, die alle 1906 geboren wurden. Oder wie der aus Lebus an der Oder stammende Günter Eich, Jahrgang 1907. Eggebrecht erblickt noch vor der Jahrhundertwende das Licht der Welt, am 17. November 1898 kommt er in Baben, Kreis Stendal, als zweites Kind von Alwine und Gottfried Eggebrecht zur Welt. Der Vater ist in dem altmärkischen Dörfchen Pastor, und religiöses Pathos ist auch Eggebrechts Versen in der »Anthologie« zu eigen, zum Beispiel dem Gedicht »Christus der Jüngling«. Ebenso künden seine Briefe aus der unmittelbaren Nachkriegszeit von seinem Ringen mit dem Glauben.
Jürgen Eggebrecht ist der Frontgeneration zuzurechnen, einen Tag vor seinem 18. Geburtstag zieht man ihn zur Fußartillerie ein – da ist sein vier Jahre älterer Bruder Gottfried schon mehr als eineinhalb Jahre tot. Ein Jahr später kämpft er in Flandern, eine Granate reißt ihm den Bauch auf, und damit ist der Krieg für ihn beendet. Die Erinnerung an den Krieg wird er zeitlebens in Gedichten, Prosa und Rundfunkarbeiten wachhalten. Die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts ist auch seine eigene, im Unterschied zu Günter Eich und Horst Lange, die erst den Zweiten Weltkrieg als Soldaten mitmachen werden. Wohl weil er schon im Schützengraben gelegen hatte, ist Eggebrecht einer der wenigen, die am Ende der »Anthologie« die Gelegenheit nutzen, Auskunft zur Biographie zu erteilen: »Engelsstille Kindheit. Ich sehe ein breitgelagertes Haus mit vielen Türen, einen Garten, der des Blühens nicht müde wird. Jemand erzählt und langsam summend erlischt die Stimme. (…). Der Krieg verändert manches. Aus ihm komme ich.« Noch in den frühen fünfziger Jahren, da arbeitet er bereits für den Nordwestdeutschen Rundfunk (NWDR) in Hannover, kommt er in dem Feuilleton »Du und das Gedicht« auf seine Teilnahme am Ersten Weltkrieg zu sprechen: »Es gab freilich Zeiten, Kriegszeiten, in denen zu vermuten stand, daß wir schon im nächsten Augenblick tot sein würden. Wenn uns dann ein Vers einfiel, irgendein Vers – und er ist uns eingefallen! – dann hatte er etwas von der Wirkung eines reinen Elements und wir begriffen die in ihm gesammelte Kraft menschlicher, zeitüberwindender Natur. Das Gedicht brennt die Angst fort und bleibt eine Chiffre.«
Jürgen Eggebrecht und Günter Eich begegnen sich zum ersten Mal 1930, in Berlin, auf einem Faschingsfest von Martin Raschke. Eggebrecht hatte den Dresdner Raschke bereits in den zwanziger Jahren in München kennengelernt, ebenso Joachim Ringelnatz. Raschke studierte dort eine Zeitlang Literaturwissenschaft, Kunstgeschichte und Philosophie, und auch Eggebrecht, der eigentlich in Greifswald, Innsbruck und Würzburg Jura studierte, weilte dort so oft wie möglich: der Liebe wegen. Elfi Stiehr, die er 1928 heiratete, ließ sich an der Staatlichen Akademie der Tonkunst zur Pianistin ausbilden. 1905 in Freising geboren, lebte sie von klein auf mit ihren Eltern in der Ungererstraße 30 in Schwabing in einer Wohnung, die nach dem Krieg kurzzeitig zum Domizil für das Paar werden sollte. Nach seinem krankheitsbedingten Ausscheiden aus dem Funk 1960 wohnte er wieder dort, bis zu seinem Tod 1982. Elfi öffnete dem jungen Doktor – er hatte zum Thema »Amtsanmaßung« promoviert – die Tür zu einem Berufsweg abseits der Juristerei. Sie besuchte wie Erika Mann und W.E. Süskind das Münchner Luisengymnasium, und über sie machte Eggebrecht die Bekanntschaft Klaus Manns. Seine ersten Gedichte fanden Eingang in die »Anthologie jüngster Lyrik«. 1928 ging er mit Süskind als Lektor zur Deutschen Verlagsanstalt nach Stuttgart. In dieser Funktion wurde er neben Hermann Kesten zum Entdecker von Joseph Breitbach. Er nahm »Rot gegen Rot« zum Druck an, Breitbachs erfahrungsgesättigten Erzählband aus der Welt der Angestellten – die Veröffentlichung kostete den 25jährigen Autor seinen Job als Leiter der Buchabteilung im Augsburger Kaufhaus »Landauer«. Dann wechselt Eggebrecht in die Berliner Dependance der DVA.
1930 gibt Raschke mit Adolf Artur Kuhnert seit einem Jahr »Die Kolonne« heraus. Auch Eich ist beim Faschingsfest anwesend, einer der engagiertesten Autoren der Zeitschrift, die anfänglich noch den Untertitel »Zeitung der jungen Gruppe Dresden« trug. »Damals war Günter 23«, erinnert sich Eggebrecht ein Jahr nach Eichs Tod in einem Zeitungsartikel, »blond, schmal und ganz brav gekämmt. Er schien mir ein auf Spaß hin angelegter Großstadtmensch zu sein (…). Über das albernste Zeug lachten wir, ohne es für baren Unsinn zu nehmen. Die Sprache ging vom Gelächter aus. Sie war der eigentliche Urgrund, die anderen lachen zu machen, und zielte auf ein höchst bewußtes Tun ab, wie etwa einen Sprung zu machen vom Kammerton A auf den nicht weiter beweisbaren Ton I. Am Ende waren wir ohne Aufhebens befreundet.« Sie blieben es ein Leben lang. Bei Eggebrechts »Talent zur Freundschaft«, wie es der Schriftsteller und Übersetzer Herbert Schlüter einmal nannte, verwundert das nicht weiter. Aus jener Zeit datieren zahlreiche Verbindungen, die die Zeitläufte überdauern. Zu Hermann Kesten etwa. Oder Peter Suhrkamp. Als der Verleger 1944 wegen Hoch- und Landesverrates von der Gestapo verhaftet wird, wünscht er sich Eggebrecht als Nachfolger. Doch der lehnt ab.
Obwohl Eggebrecht mit Raschke und Eich verkehrt, dem inner circle der »Kolonne«, lernt er zwei andere prominente und ebenfalls in Berlin ansässige Autoren erst fünf Jahre nach dem Ende der Zeitschrift kennen: das Schriftsteller-Ehepaar Oda Schaefer und Horst Lange – Eich war bei ihrer Hochzeit 1933 Trauzeuge. Eggebrecht schrieb nach Langes Tod 1971: »Ich lernte ihn vor 34 Jahren, 1937, in Berlin kennen, und er tanzte vor Günter Eich und mir (…) einen schwungvollen Krakowiak auf dem Bürgersteig der Augsburger Straße.« Im gleichen Jahr erschien Langes monumentaler Roman »Schwarze Weide«. Da waren die Nazis seit vier Jahren an der Macht. Und Eggebrecht, externer Lektor des arisierten Ullstein-Verlags, war bis auf einige Rezensionen für die »Deutsche Zukunft« so gut wie verstummt. Zum »erst möglichen Termin«, schrieb er Oda Schaefer Jahrzehnte später, war er aus der Deutschen Verlagsanstalt »hinausgeflogen, nämlich am I.IV.1933, weil ich nicht der Partei angehörte und auch keine Aussicht zu bestehen schien, daß ich ihr jemals angehören würde« (6. August 1970). Er trat auch nicht der Reichsschrifttumskammer bei, anders als Horst Lange, Oda Schaefer und Günter Eich, die ihre Existenz sichern wollten und publizistisch präsent blieben, aber der Ideologie der Machthaber unverdächtig waren. Eich verfaßte mit Raschke u. a. die Funk-Reihe »Deutscher Kalender. Monatsbilder vom Königswusterhäuser Landboten«. Eine Wiederholung dieses Verhaltensmusters findet sich womöglich in dem letzten der abgedruckten Briefe Eichs an Eggebrecht: »Aus finanziellen Gründen habe ich mich wieder mit dem Rundfunk eingelassen – entsetzlich.« Eich verdiente in den Vorkriegsjahren gut, trat selbstsicher auf und besaß in Poberow an der Ostsee ein Sommerhäuschen, das auch die Eggebrechts mit ihrem 1935 geborenen Sohn Arne gerne nutzten. Deren Einkünfte waren bescheiden, 1938 zogen sie von Berlin nach Eichwalde, Kreis Teltow, zu einer Tante namens Helene von Möllendorf – das Anwesen geht 1945 an die Russen verloren, und mit ihm alle Briefe von Günter Eich und Peter Suhrkamp aus den Jahren der Diktatur.
[...]
SINN UND FORM 3/2011, S. 322-329
Eich, Günter
Briefwechsel 1945-47, S. 330
Müller-Waldeck, Gunnar
Wolfgang Koeppen an Hans Werner Richter: »Wir hätten uns treffen sollen«. Zweimal Jugend in Pommern, S. 354
Heißenbüttel, Helmut
Meine Gedichte, S. 364
Wagner, Jan
Gedichte, S. 375
Schiffner, Sabine
Gedichte, S. 379
Wolfram, Gernot
Die Begegnung mit dem Oktopus, S. 382
Buselmeier, Michael
Schattenhunde / Nachträge zu Dante, S. 386
Grünbein, Durs
Tauchen mit Descartes. Gespräch mit Michael Eskin, S. 389
MICHAEL ESKIN: Sie haben einmal gesagt, »Der cartesische Taucher« sei Ihr vielleicht wichtigstes Buch. Könnten Sie das näher erläutern? DURS (...)
Grünbein, Durs
Tauchen mit Descartes. Gespräch mit Michael Eskin
MICHAEL ESKIN: Sie haben einmal gesagt, »Der cartesische Taucher« sei Ihr vielleicht wichtigstes Buch. Könnten Sie das näher erläutern?
DURS GRÜNBEIN: Dieses Buch ist im Grunde ein ,Kommentar’ – zu dem Buch, das mir am meisten am Herzen liegt, dem Erzählpoem »Vom Schnee oder Descartes in Deutschland«. Mit ihm habe ich mich als Dichter am weitesten vorgewagt, den größten Abstand zu unserer Gegenwart gewonnen und sie so, aus der barocken Vogelperspektive, zum ersten Mal deutlich gesehen: als die gewaltige Neuzeit, die sie ist. Das ist der Sinn meiner cartesischen Expedition. Ich habe mich wie Selma Lagerlöfs Nils Holgersson – mein liebstes Kinderbuch – auf die Reise gemacht, um das Gelände kennenzulernen, in dem wir technisierten Wesen uns heute bewegen. Nur mußte ich dazu eine Zeitreise antreten, mußte zurückfliegen in die Epoche des Dreißigjährigen Krieges, der Glaubenskämpfe und wissenschaftlichen Revolutionen in einem Europa, das daran ging, mit allem Tabula rasa zu machen. Die kopernikanische Wende war eben eingetreten, die Teleskope rückten den Mond und die Planeten in vertraute Nähe, die Mikroskope begannen das Körperinnere zu erkunden. In dieser Zeit zerbricht das Reale in zwei Teile: hier die ausgedehnte Substanz – die Materie, der Kosmos, die vieltausendfachen Erscheinungen des Seins –, und dort die erkennende Substanz – der Geist, das Bewußtsein, das sich mit allen technischen Mitteln hineinfräst in die Natur und sie so endgültig verwandelt und zivilisiert. Ich wollte das Abenteuer des berühmten Cogito oder Erkenntnis-Ichs im Moment seines Beginnens, am Ort seiner Entstehung sehen. Es geht um die Geburt des Rationalismus aus dem Geist des Winters, um Descartes’ Visionen am Rande der sogenannten Kleinen Eiszeit, die damals Europa heimsuchte. Davon handelt mein Poem, und von den Hintergründen desselben handelt »Der cartesische Taucher«. Beide Bücher gehören zusammen, sie sind die zwei Seiten einer Medaille.
ESKIN: Ihr poetisch-philosophisches Meditationsbuch, das im Dialog mit den »Meditationen« von Descartes und den »Cartesischen Meditationen« Edmund Husserls steht, scheint mir aber doch auch ein ganz eigenständiges Werk zu sein. Sie schreiben, der »Discours de la méthode« sei ein »verwegener Coup« gewesen, der sich, »im Grunde kaum mehr als ein Vorwort, bestimmt für ein fachfremdes Publikum«, als »folgenreichster Bildungsroman der Neuzeit« entpuppte. Ist »Der cartesische Taucher« nicht ein ebensolches Manifest, wenn auch unter ganz anderen Vorzeichen?
GRÜNBEIN: Die Zeit der Manifeste ist vorbei. Unsere poetischen Rechenschaftsberichte sind heute sehr viel bescheidener, aber dafür auch spezifischer. Ich habe in einer Poetikvorlesung gesagt: »Ungeliebt wie der Kriegsdienst und die Ämterbürokratie ist das Diktat der Künstler und Literaten in eigener Sache«. Ein Dichter kann heute nur aus seiner begrenzten Perspektive heraus nachdenken. Deshalb bevorzuge ich den Ausdruck Meditation, er hat etwas von Klausur und Vergewisserung, er betont das Moment der Einkehr bei sich selbst. Wir meditieren, um uns über etwas klar zu werden, das ist eine Expedition mit offenem Ausgang, kein Schaulaufen mit festen Begriffen. So weiß ich zum Beispiel noch immer nicht, wie Gedichte eigentlich funktionieren. Ich ahne etwas von gebündelter Wortenergie und davon, daß gute Poesie etwas in uns aufwühlt, was dort lange geschlummert hat und nur geweckt werden mußte. Aber wie dieser Weckdienst für die versiegelten Emotionen und Erlebnisse im einzelnen abläuft, warum gewisse Verse etwas in unserer Psyche auslösen, andere nicht – das ist eine Frage, bei der ein Barockphilosoph genauso mitreden kann wie ein Literaturwissenschaftler von heute. Was weiß denn die Gehirnforschung über die Funktionsweise von Metaphern? Wie kommt es, daß uns Gedichtzeilen ein Leben lang verfolgen? Das sind alles Fragestellungen, denen eine künftige Physiopoetik nachgehen könnte. Ich habe nur ein paar Gedanken weitergesponnen, die sich bei meiner alexandrinischen Schlittentour mit dem Philosophen Descartes ergeben haben.
ESKIN: Am Ende Ihrer Meditationen schreiben Sie: »Um Poesie zu betreiben, aber mehr noch, um sie recht zu verstehen, das heißt, ihr in aller Innigkeit und auf gleicher Höhe mit ihren Geistesblitzen zu begegnen, braucht es ein gut gefügtes Gehirn.” Was meinen Sie damit?
GRÜNBEIN: Das klingt sehr provokativ, nicht wahr. Wenn man den Anfang des Büchleins aufschlägt, stößt man auf das Briefzitat von Descartes, wo er vom gut gefügten Gehirn spricht ("un cerveau bien rassis«). Ehrlich gesagt, war es diese Formulierung, die mich am meisten überrascht hat und die zum Auslöser wurde für alles. Monatelang ist mir diese Wendung im Kopf herumgespukt, dann habe ich mich hingesetzt und die Meditationen geschrieben. Ich interpretiere die Stelle im Licht der cartesischen Seelentheorie, die eine Weiterentwicklung antiker Temperamentenlehren ist, medizinische Erkenntnisse der Barockzeit berücksichtigt und so zum Vorläufer der Psychophysik im neunzehnten und zwanzigsten Jahrhundert wurde. Soviel ich weiß, haben wir keine Psychoanalyse, die an Strukturen der Dichtung anknüpfen würde. Ich bin also gezwungen, mich bei älteren Schriftstellern umzusehen. Das gut gefügte Gehirn, wie Descartes es versteht, ist eines, das mit Erschütterungen durch das Erhabene umzugehen weiß. Es hält die sprachlichen Sensationen aus, so wie ein echter Cineast noch die aufwühlendsten Bilder auf der Kinoleinwand verarbeiten kann. Das hat nichts mit Abstumpfung zu tun, sondern im Gegenteil mit ästhetischer Erziehung. Aber ein gewisser Anteil von seelischer Begabung gehört auch dazu. Es gibt auch im Leser ein Talent und eine Charakterstärke, die vonnöten sind, um Poesie auszuloten und zu ertragen. Zu Descartes’ Zeiten waren es eben Verse, die die Seele in einen Taumel versetzen konnten, es war Lektüre, die aufputschte, das barocke oder antike Drama mit seinen heißen Stellen. Heute braucht es ein gut gefügtes Gehirn, um der schrecklichen Medien- und Kinobilder Herr zu werden und nicht in Depressionen zu versinken angesichts des täglichen Beschusses mit Photographie und Television, dieser Pornographie des Realen.
ESKIN: Wie müßte eine Lektüre aussehen, um sich als ein solches Mit-Meditieren zu entfalten?
GRÜNBEIN: Als Leser streiche ich mir gern Stellen an, die ich mit anderen Stellen in anderen Büchern verknüpfen kann. So entsteht ein Gewebe aus Textpassagen, die zueinander passen, einander ergänzen und erweitern. Ein solches Vorgehen seitens des Lesers habe ich mir immer auch für meine Schriften gewünscht. Ich sehe mich als Teil eines Kontinuums zentraler Gedanken, an denen Kunst und Philosophie sich seit langem abarbeiten. Mein einziges Mitspracherecht ist die Poesie. Auf sie muß ich mich verlassen können, und vice versa. Sie verlangt nach der Überraschung, sie sucht das geistige Abenteuer, die Verblüffung, darf alle ihr zur Verfügung stehenden Ausdruckstechniken anwenden. Die Poesie gestattet es einem, Sprünge zu machen, sich als Känguruh durch die Landschaften der Imagination zu bewegen. Die philosophische Meditation zu Zeiten Descartes hatte dagegen eine klare Funktion, sie kam aus einer langen theologischen Tradition und konnte sich auch auf die christliche meditatio der Mönche berufen. Sie war ein strenger Disput mit sich selbst, der Versuch, den eigenen Thesen die Form einer öffentlichen Beichte zu geben. Und die Geister der Zeit waren eingeladen, Widerspruch anzumelden, Ergänzungen, Einwände anzubringen, darauf wurde dann wieder geantwortet, bis das Argument rundum verteidigt war. Dichtung muß nicht argumentativ überzeugen, sie sollte anregen und verführen. Die Bezeichnung Meditation weist aber darauf hin, daß auch der Dichter am erkenntniskritischen Gespräch teilnehmen möchte. Die Reflexion der Vorstellungskraft ist ein Thema, bei dem wir aufeinander zugehen müssen. Es betrifft die Art, wie wir Erkenntnisse vermitteln, und ist damit universell und nicht-exklusiv.
ESKIN: Wie denken Sie über das Potential des »Cartesischen Tauchers« im englischsprachigen Raum? Glauben Sie, daß Descartes im kulturellen Bewußtsein der USA eine besondere Stellung einnimmt?
GRÜNBEIN: In Sachen Descartes geschieht fast alles in den Vereinigten Staaten. Mir scheint, die Liste der Neupublikationen dort übertrifft selbst sein Geburtsland Frankreich. Viel Polemik kommt von Seiten der Neurowissenschaften. Man denke nur an Damasios Bestseller »Descartes’ Irrtum«. Leider kennen die Naturwissenschaftler und Mediziner ihren Descartes nur sehr oberflächlich. Er ist für sie so etwas wie eine Vogelscheuche auf dem weiten Feld der Philosophiegeschichte. Weit sachlicher ist die Auseinandersetzung unter den Schulphilosophen. Für einen Meister wie Stanley Cavell wird Descartes zum Kronzeugen der Abrechnung mit gewissen Auswüchsen der Analytical Philosophy. Für Lacan ist er geradezu der Gegenpol zu Sigmund Freud in seiner Subjektkonstruktion. Die cartesische Position ist unverzichtbar, will man den leeren Ort fassen, von dem aus das moderne Subjekt jenseits aller Einzelpsychen operiert. Nur so läßt sich die Katastrophe der Verantwortungslosigkeit in den Naturwissenschaften begreifen. Bemerkenswert ist die Betonung des dynamischen Wandels im cartesischen Denken, den man erst heute deutlicher sieht, so etwa in Machamer und McGuires jüngst erschienener schöner Studie »Descartes’s Changing Mind«, die das lebendige Interesse an unserem Helden bezeugt. Darüber hinaus ist er zum Darling der Biographiesektion geworden. Wir müssen uns klarmachen, daß Descartes für das Verständnis des neuzeitlichen Bewußtseins und der Entwicklung der westlichen Philosophie mindestens so bedeutend ist wie Sigmund Freud für das zwanzigste Jahrhundert. Er ist eine der großen geistigen Gründerfiguren der Neuzeit, ein Pionier, der in Grenzbereiche vorstieß, und als solcher dürfte er auch für amerikanische Leser von Interesse sein. Vergessen wir nicht, daß wir es hier mit einem geistigen Unternehmer zu tun haben, er war der Metaphysiker als Selfmademan. Descartes war gewissermaßen eine reisende Universität, einer, der in ganz Europa unterwegs war (die meiste Zeit in Holland) und doch per Korrespondenz vernetzt blieb mit den wichtigsten Gelehrten seiner Zeit. In dieser Hinsicht haben ihm Philosophen wie Leibniz oder Pascal, seine ersten großen Kritiker, nachgeeifert. Diesem Chevalier mit seinen lebenslangen Streifzügen durch die kühle, erregende Welt des reinen Denkens und der Vivisektion ist der größere Teil der Menschheit seither gefolgt, bewußt oder unbewußt. In einem meiner frühen Gedichte sah ich den Poeten einmal in der Gestalt eines cartesischen Hundes.
ESKIN: Was Sie eben ausgeführt haben, erklärt vielleicht, warum Descartes in den USA so populär ist, wo er doch als Europäer par excellence der Alten Welt viel näherstehen sollte.
GRÜNBEIN: Descartes ist so populär, weil er den Glücksrittern Amerikas eine schmeichelhafte Vorstellung davon verschafft, wie man sein Ich maximal vergrößert. Da ist die Welt: nimm sie dir! Die Instrumente dafür liegen bereit, dein gestähltes Erkenntnis-Ich durchbricht alle Grenzen. Yes, you can …
[...]
SINN UND FORM 3/2011, S. 389-402
Strube, Rolf
Von der Musik der Ideen. Paul Valéry - Dichter, Philosoph, Europäer, S. 403
Paul Valéry hat zeitlebens über die Sprache nachgedacht. »Den Dichter«, sagt er einmal, erkennt man »an der einfachen Tatsache, daß er den (...)
Strube, Rolf
VON DER MUSIK DER IDEEN
Paul Valéry – Dichter, Philosoph, Europäer
Paul Valéry hat zeitlebens über die Sprache nachgedacht. »Den Dichter«, sagt er einmal, erkennt man »an der einfachen Tatsache, daß er den Leser in einen Inspirierten verwandelt.« Lesen und Verstehen wird hier zu einem kurzen, scharf umrissenen Vorgang, als ginge es um nichts anderes als den gelungenen Anstoß einer Billardkugel, die ihre kinetische Energie beim Aufprall an eine andere weitergibt. Jahrhunderte der Exegese und Hermeneutik werden spielerisch überbrückt, wie um zu demonstrieren: Es geht auch einfacher und vor allem – präziser. Valéry liebte Anleihen oder besser Analogien aus physikalischen und mathematischen Bereichen, er hat sie immer wieder als Mittel gebraucht, um die kunstbegeisterte, an der Geschichte der Grande Nation orientierte Gesellschaft seiner Zeit aus ihren Träumen zu wecken, ein Bewußtsein dafür zu schaffen, daß Richtung und Tempo künftiger Entwicklungen von den empirischen Wissenschaften, von Technik und Industrie bestimmt sein würden.
In diesem Sinne läßt sich auch »Der Abend mit Monsieur Teste« aus dem Jahr 1895 lesen – als provokatorischer Kommentar zum Fin de Siècle, dem Valéry selbst seine ästhetischen Vorlieben, seine philosophischen Interessen verdankte. Monsieur Teste – man kann den Namen mit »testa«, dem italienischen Wort für Kopf, oder dem lateinischen »testis«, dem »Zeugen«, in Verbindung bringen – ist ein seltsamer Zeitgenosse: einer, der vehement die Ansicht vertritt, man könne nur in einer nüchternen, unpersönlichen Umgebung, einer Büro- oder Hotelzimmeratmosphäre geistig arbeiten. Er lebt, wie es heißt, »von unbedeutenden Wochenspekulationen an der Börse«, hält sich aus beruflicher Konkurrenz heraus. Irgendwann scheint er sich entschlossen zu haben, seinen ausgeprägten Geltungsdrang zu den lästigen Begleiterscheinungen des Lebens zu zählen, er versteigt sich sogar zu der Behauptung, die stärksten und fähigsten Köpfe der Menschheit hätten einsam für sich gearbeitet und seien namenlos geblieben, es gebe eine Art Parallelgeschichte des unbekannten Entdeckers und Erfinders.
Monsieur Teste besitzt, könnte man sagen, durchaus eine entfernte Verwandtschaft mit all den verkannten Genies und verkrachten Existenzen, die damals die Pariser Künstlercafés bevölkerten. Ihn allerdings hätte man dort vergeblich gesucht: seine äußere Erscheinung – betont unauffällig, geradezu absichtsvoll nichtssagend – verrät Distanz zur Extravaganz der Bohème, auch sein Desinteresse an Musik und Theater hat etwas Ostentatives, Programmatisches. Teste hat es sich zur Aufgabe gemacht, den verschiedenen Bereichen menschlichen Lebens und Zusammenlebens eine neue »cartesianische« Klarheit und Durchsichtigkeit zu erschließen.
Der Leser erfährt davon nur in Andeutungen, er bleibt angewiesen auf die Perspektive eines bewundernden Freundes. Dieser Ich-Erzähler, ein homme de lettres, vielleicht ein Lyriker, bedient sich einer auffallend bilderreichen Sprache. Es scheint, daß er Metaphern zu Hilfe nimmt, um seine Eindrücke und Vermutungen überhaupt zum Ausdruck bringen zu können – etwa wenn er mit Blick auf Testes Faible für experimentelle Anordnungen, mathematische Reihen und Wahrscheinlichkeiten wie über einen Botaniker redet und von ihm sagt: Er sorgte für die Wiederholung gewisser Ideen, »begoß sie mit dem Element Zahl«. Testes Gedankenwelt ist eingefaßt in dichterisches Empfinden, von einer Aura des Enigmatischen umgeben.
Es ging Valéry nicht darum, der Zukunft in der Art eines Jules Verne oder H.G. Wells ein Gesicht zu geben, wohl aber um die Erregung, an der Schwelle einer neuen Epoche zu stehen. Aus heutiger Sicht weisen Monsieur Testes nüchterne Visionen, sein kalter Blick auf die menschlichen Verhältnisse hellsichtig voraus auf das soziale Klima der modernen Massengesellschaften, auf Zeiten, in denen es für alle Bereiche – Stadtplanung, Marktforschung, Versicherungs- und Gesundheitswesen – Statistiken gibt. Und es deutet sich in Testes kühlem Verhältnis zu den schönen Künsten auch bereits die Geringschätzung an, mit der der Dichter Valéry die, wie er glaubt, traditionell überschätzte künstlerische Inspiration behandeln wird: Dichtung und abstraktes, methodisches Denken schließen einander – ganz im Sinne von Edgar Allan Poes »Philosophy of Composition« – keineswegs aus, Kunst und analytische Geometrie unterscheiden sich, wie Ezra Pound formuliert, allenfalls in der Wahl des Gegenstands. All das ist in Monsieur Teste angelegt, den Valéry im nachhinein, als er in den zwanziger Jahren an weiteren Episoden schrieb, als eine Kunstfigur charakterisierte – kaum lebensfähig und geboren aus einer fixen Idee, die damals all seine intellektuellen Aktivitäten beherrschte, einem unstillbaren Verlangen nach Präzision, einem »Wahn der Genauigkeit«, dessen tautologische Formel »Ich habe versucht, das zu denken, was ich dachte« als Motto des Sprach- und Wissenschaftsphilosophen Valéry dienen könnte.
Die Erstauflage des »Abend mit Monsieur Teste« sollte ursprünglich dem Künstler Edgar Degas gewidmet sein, mit dem Valéry in jungen Jahren gut bekannt war . Degas lehnte jedoch ab. Valéry kommt Jahrzehnte später darauf zu sprechen, in seinem Essay »Tanz, Zeichnung und Degas«, den er 1936 anläßlich einer großen Pariser Degas-Ausstellung verfaßte. Er schildert ausführlich, wie er dem Künstler 1893 im Hause des Malers und Kunsthändlers Henri Rouart begegnete und wie sich daraus eine – wenn auch wegen Degas’ schwierigem, impulsivem Charakter distanzierte – Freundschaft entwickelte. So sehr man Degas’ Urteil in ästhetischen Fragen schätzte, so sehr fühlte man sich durch die Spottiraden brüskiert, mit denen er über Künstlerkollegen und Gelehrte herzog. Auch Valéry bekam anfangs seine Geringschätzung der zeitgenössischen Literatur zu spüren, die »keinen Schuß Pulver wert« sei. Er gehörte, schreibt Valéry, zu jenen an Racine und der alten Musik geschulten Connaisseuren, die sich für jede Lebenslage mit Zitaten und geflügelten Worten gewappnet hatten und immer bereit waren, ihren »klassischen« Geschmack und den Kanon zu verteidigen – wenn es sein mußte, auch mit Wutausbrüchen.
Den jungen Valéry, der sich nach ersten Erfolgen als symbolistischer Dichter seines Weges durchaus nicht sicher war, faszinierte dieser Rigorismus: Degas war für ihn das Muster eines bildenden Künstlers, dem die Verfeinerung spezieller Techniken zur Lebensaufgabe geworden war, der eben darin seine Bestimmung gefunden hatte. Sein Artistentum hatte sich auf unspektakuläre, eigentlich »unbedeutende Gegenstände« konzentriert. Erst die Mühe, die er auf sie verwandte, umgab sie, wie Valéry es ausdrückt, mit einer »Art von Unendlichkeit« – was er sinngemäß auch über Stéphane Mallarmé sagte, den zweiten Virtuosen, in dessen Bann er in diesen Jahren geriet: So wie Degas’ Tänzerinnen und weibliche Akte, die ihn berühmt gemacht haben, für ein künstlerisches Universum stehen, bewegt sich Mallarmés Spiel mit den sich überlagernden Bedeutungsebenen in einem absolut gesetzten System von Worten, in dem sich die magischen Abgründe der Sprache öffnen.
In biographischer Hinsicht klingen bereits im »Abend mit Monsieur Teste« Möglichkeiten der Selbstbefreiung an, die Valéry wenig später praktisch umsetzt. Seine literarischen Ambitionen treten mehr und mehr in den Hintergrund, für viele Jahre wird die Beschäftigung mit Philosophie, Sprachanalyse und den empirischen Wissenschaften für ihn bestimmend.
Es scheint ihm in dieser Zeit geradezu lästig zu sein, auf seine frühen Erfolge als Lyriker angesprochen zu werden – etwa auf sein Gedicht »Narcisse parle«, »Narziß spricht«, das den antiken Mythos in einen magischen Moment in der Abenddämmerung einbettet. Andeutungen lassen den Schluß zu, daß er die Beziehung zu Mallarmé, der ein literarischer Mentor für ihn wurde, als belastend empfunden hat. Gerade zu Beginn, sagt Valéry, habe ihm die Literatur »fast nichts mehr« bedeutet. Lesen und Schreiben habe er mit einer Unlust betrieben, die ihn nie wieder ganz verließ. In seinen Erinnerungen findet sich auch der Hinweis, es sei entmutigend, »inmitten soeben entstandener Meisterwerke geboren zu werden«, einer vom Glück begünstigten Dichtergeneration folgen zu müssen – wobei er auf die Antipoden Mallarmé und Verlaine anspielt.
1892 erlebt Valéry während eines Aufenthalts in Genua eine nächtliche Krise, die weitreichende Folgen hat. Was in dieser Oktobernacht geschah, wissen wir nur aus einigen kurzen Notizen:
»Entsetzliche Nacht. Auf dem Bett sitzend verbracht. Überall Gewitter. Bei jedem Blitz blendende Helle in meinem Zimmer. Und mein ganzes Schicksal spielte sich in meinem Kopf ab. Ich bin zwischen mir und mir... Ich fühlte mich als ein anderer heute morgen. Aber – sich als ein anderer fühlen – kann nicht von Dauer sein – sei es, daß man sich zurückverwandelt und der frühere den Sieg davonträgt, oder daß der neue Mensch den früheren absorbiert und zunichte macht.«
Valéry hat die Geschehnisse dieser Nacht als eine Art Doppelgänger-Erlebnis eingestuft. Ein Gefühl der Fremdheit sich selbst gegenüber beherrschte ihn, begleitet von der anhaltenden Verwunderung darüber, gerade diesen Körper, dieses individuelle Leben zu besitzen. Die »Nacht von Genua« hinterläßt tiefe Spuren, die psychischen Vorgänge von damals wiederholen sich noch oft, sie bleiben beunruhigend, wenn sie ihn auch nicht mehr erschrecken.
Valéry zieht daraus eine Konsequenz: Ab 1894 macht er es sich zur Gewohnheit, so früh aufzustehen, daß er vor Tagesbeginn Zeit für Notizen und Reflexionen findet – wenn der eben erwachte Geist noch nicht von den Aufgaben des Tages absorbiert ist, die Einstimmung auf das tägliche Rollenspiel noch nicht erfolgt ist. »Das sind zwei oder drei Stunden innerer Manöver, die ich physiologisch brauche«, bemerkt Valéry dazu. »Wird dieses Bedürfnis durchkreuzt, ist mir mein ganzer Tag verdorben, ich fühle mich nicht mehr... Ans Aufschreiben dessen, was ich veröffentlichen muß, mache ich mich erst nach dieser Zeit, die ich mir gewähre oder besser, die ich dem Zufall der Eingebungen des Geistes überlasse...«
Tag für Tag begibt sich Valéry als erstes an die Grenzen dessen, was sich über den Menschen, sein Gehirn, seinen Körper, seine Orientierung in Raum und Zeit sagen läßt. Wie sein Vorbild, der Mathematiker Poincaré, sucht er seinen Weg abseits der damals vorherrschenden Überzeugung von der totalen Determiniertheit physikalischer Prozesse. Er betreibt eine breitgefächerte wissenschaftsphilosophische Grundlagenforschung und fragt nach Sinn und Wert der Naturgesetze ebenso wie nach dem Verhältnis von Sprache und Denken, Selbstsein und Welt. Alles, was Geist und Sprache lehren können, so seine Überzeugung, kommt durch den Bezug auf etwas anderes, außerhalb Liegendes zustande, das weder Geist noch Sprache ist – eine physikalische Realität, die nur durch präzises Beobachten erkannt werden kann. Valérys analytischer Zugriff, seine Fähigkeit, im scheinbar Disparaten das Gesetzmäßige zu erkennen und zu formulieren, war bekannt und wurde gelegentlich von jungen Wissenschaftlern genutzt – wie von dem Neurologen Ludo von Bogaert, der ihn in den zwanziger Jahren häufig frühmorgens aufsuchte, wenn Valéry die Arbeit an den »Cahiers« gerade beendet hatte.
[...]
SINN UND FORM 3/2011, S. 403-413
Schirnding, Albert von
Nel gotha della letteratura contemporanea tedesca... Laudatio auf Sigrid Damm, S. 415
Damm, Sigrid
Dank an Gotha, S. 421
Kleinschmidt, Sebastian
Bleistift - Brücke nach Hause. Ingo Arnolds Graphitzeichnungen, S. 425