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Heftarchiv – Leseproben

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Printausgabe vergriffen

Leseprobe aus Heft 1/1988

Burmeister, Brigitte

Gespräch mit Alain Robbe-Grillet


BURMEISTER/WROBLEWSKY: Alain Robbe-Grillet, Sie sind berühmt als Filmemacher, vor allem aber als Romanautor. Zweifellos gehören Sie zu denen, die die französische Literatur unseres Jahrhunderts geprägt haben. Das einzige Ihrer Bücher, das hier in der DDR veröffentlich wurde, ist »Ein Königsmord« - vielleicht das am wenigsten »Robbe-Grilletsche« von allen, in jedem Fall das erste, der Ausgangspunkt. Wie stehen Sie heute zu diesem  frühen Roman?

 

ROBBE-GRILLET: Ich würde nicht so weit gehen zu sagen, »Ein Königsmord« sei der am wenigsten typische meiner Romane. Denn dort findet man bereits eine Idee von Literatur, die darin besteht, nicht objektive Vorgänge, sondern das zu beschreiben, was sich in der Phantasie abspielt. Genau darum geht es dann in meinen Romanen, die etwa ab 1965 entstanden sind, während es in den fünfziger Jahren ein beträchtliches Mißverständnis gab zwischen der Literaturkritik und mir. Ein Mißverständnis, das den Begriff der Objektivität betraf. »Ein Königsmord« ist seinerzeit (1949) von allen Verlagen abgelehnt worden. Und erst viel später (1978) habe ich mich entschlossen, es zu veröffentlichen, da ich mir sagte, daß dies ein fehlendes Kettenglied ist. (...)