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Heftarchiv – Leseproben

Oelze, Friedrich Wilhelm

1/2016 | Gottfried Benn, Friedrich Wilhelm Oelze. »Alles, was ich zu wünschen vermag, gilt Ihnen«. Aus dem Briefwechsel 1945. Mit einer Vorbemerkung von Matthias Weichelt

Widerhall ohne Widerspruch. Eine Vorbemerkung Nach der Feier seines fünfundsechzigsten Geburtstags, zu der sein Verlag im Mai 1951 nach Wiesbaden eingeladen hatte, schrieb Gottfried Benn seinem Brieffreund Friedrich Wilhelm Oelze: »Der Eindruck, den Sie gemacht haben, war allgemein groß. Wollen Sie wissen, was meine Tochter, deren Gedanken sich viel mit Ihnen beschäftigen, unter Anderem sagte? ›Eine unheimliche Erscheinung! Man muß damit rechnen (!), daß er nachts ein schwarzes Trikot anzieht u. auf Einbruch geht‹. Nun? Wenn das kein Effekt ist!« Wenn der Bremer (...)

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Opel, Anna

6/2022 | New Yorker Recherchetagebuch

Vor den falschen Sachen Angst haben. Daß die Immigrationsbehörde am Flughafen JFK mich wegen irgendeines Formfehlers nicht einreisen läßt. Daß ich mit Corona auf dem Flur eines New Yorker Krankenhauses liege und weiße Kittel an mir vorüberflattern. Daß ich in einem Kühl-LKW auf meine Bestattung warte. Im Zinksarg ausgeflogen werde. Daß die Kreditkarte nicht funktioniert. Daß der Koffer zu schwer, zu groß, zu klein ist. Daß ich friere. Daß mein Handy gestohlen wird. Alles unbegründet. Ich hätte vor etwas völlig anderem Angst haben müssen.
Als ich mit einem Abstand von (...)

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Opitz-Wiemers, Carola, und Michael Opitz

5/2014 | »Der Bachmann glaube ich, was sie schreibt«. Gespräch mit Christine Koschel

MICHAEL OPITZ, CAROLA OPITZ-WIEMERS: Sie haben 1961, im Alter von fünfundzwanzig Jahren, mit dem Lyrikband »Den Windschädel tragen« debütiert. Wann haben Sie mit dem Schreiben begonnen? CHRISTINE KOSCHEL: Mit etwa fünfzehn, als der alte Fürst von Thurn und Taxis starb. Ich besuchte in Regensburg eine Internats-Klosterschule, und wir mußten in der Kirche an dem aufgebahrten Fürsten vorbeidefilieren. Für uns Kinder war das ein schockierendes und berührendes Erlebnis. Aus dieser Begegnung mit dem Tod ist mein erstes Gedicht entstanden. OPITZ/WIEMERS: Hat Sie jemand ermutigt, diese (...)

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Osten, Manfred

6/2013 | Das glückliche Ohr. Ein Gespräch über Musik mit Peter Sloterdijk

MANFRED OSTEN: Vielleicht sollten wir mit der Rehabilitierung eines Stiefkinds der europäischen Geistesgeschichte beginnen, mit der Rehabilitierung des Hörens. Haben wir nicht das Ohr als Erkenntnisorgan allzu lange unterschätzt? PETER SLOTERDIJK: Ich bin mir nicht sicher, ob wir dem Ohr wirklich so untreu geworden sind, wie es Ihre Worte nahelegen, denn unsere Kultur beruht vom ersten Tag an auf der Allianz zwischen dem Auditiven und dem Visuellen. Das hat unter anderem damit zu tun, daß die Europäer die ersten waren, die den von den Phöniziern und anderen Vorgängerkulturen (...)

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Overhoff, Jürgen

4/2021 | Der Schmuckeremit. Jean-Jacques Rousseau und die exzentrische Betrachtung der Einsamkeit

Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei.
(Genesis, 2,18) Der menschliche Atem ist seinesgleichen tödlich;
das gilt im eigentlichen nicht weniger als im übertragenen Sinn.
(Jean-Jacques Rousseau, Emile) 1 Seit es menschliche Aufzeichnungen gibt, wird an allen Orten und Enden der Welt von Einsiedlern berichtet, von freiwillig im Abseits lebenden Einzelgängern, die sich den verbindlichen Zusammenhängen von Gemeinschaft und Gesellschaft auf Dauer entziehen. In der Literaturgeschichte kommt diesen in selbstgewählter Abgeschiedenheit hausenden Gestalten sogar eine (...)

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